«Schutzkleider anziehen und Helm auf!»
Die Ehrenmitglieder von swissPersona wurden in diesem Jahr zu ihrem traditionellen Ausflug nach Bern eingeladen. Auf dem Programm stand eine eindrückliche Besichtigung der Grossbaustelle im Berner Bahnhof: Unterirdisch entsteht eine zusätzliche Personenunterführung mit zwei neuen Zugängen zum Bahnhof sowie ein neuer RBS-Bahnhof.
Beat Wenzinger
Redaktor swissPersona
Bevor sich die Teilnehmenden auf das Abenteuer «Baustellenbesichtigung» einliessen, begrüsste Zentralpräsident Markus Meyer sechs Ehrenmitglieder in der «Welle 7». Zuvor hielt der Zentralvorstand bereits eine verkürzte Zentralvorstandssitzung ab. «Die Welle 7», verkündete Meyer, sei ein spezieller Ort, welcher «alles» unter einem Dach vereine: flexible Formen des Arbeitens und Zusammenlebens, zudem gibt es viele Einkaufsmöglichkeiten und Freizeitangebote.
Gedenkminute für Heinz Schüpbach
Die Versammlung erhob sich zu einer Gedenkminute für den kürzlich im Alter von 94 Jahren verstorbenen Heinz Schüpbach, ehemaliger Präsident der Sektion Thun Beamte, langjähriges Zentralvorstandsmitglied und Ehrenmitglied. Markus Meyer erzählte: «Heinz hat lange an den Anlässen teilgenommen und bis zum Schluss mit dem Verband kommuniziert und aufmerksam die Verbandszeitung gelesen».
Schweizer Bahngeschichte
Der Zentralpräsident nahm die Teilnehmenden mit auf eine spannende Reise der Schweizer Bahngeschichte. «Vor 40 Jahren», erzählte Meyer, «wurde in der Schweiz der 1-Stunden-Taktfahrplan eingeführt. Drei Bähnler haben damals den Gedanken des Taktfahrplans in über 7000 Stunden in ihrer Freizeit entwickelt und damals den SBB vorgeschlagen. Mit dem zunehmenden Verkehrsaufkommen auf Schiene und Strasse machten sich die drei Pioniere Sorgen um die Zukunft der Bahn. Sie erkannten, dass die zukünftige Bahn pünktlich und berechenbar sein muss.» Wie wir heute wissen, ging die Bahn auf den zukunftsorientieren Vorschlag ein. «Im Jahr 1997», berichtete Meyer weiter, «wurde der 1-Stunden-Taktfahrplan zu einem Halbstunden-Taktfahrplan verdichtet. Mit dem Projekt Bahn 2000 wurde im Jahr 2004 unter anderem in den grossen Schweizer Bahnhöfen der Viertelstunden-Taktfahrplan eingeführt.»
Neue Herausforderungen der Bahn
Weiter führte der Zentralpräsident aus, dass infolge zunehmender Passagierzahlen im Bahnhof Bern die Infrastruktur verbessert und ausgebaut werden müsse: So wurden bereits Perrons für längere Züge verlängert und mit der «Welle 7» ein neuer Zugang zu den Geleisen geschaffen. Für eine leistungsfähige Mobilität läuft im Moment der Ausbau des Bahnhofs Bern. Eines der Kernstücke ist der Bau einer neuen Fussgängerunterführung mit direktem Zugang zu den Geleisen. «Wir werden diesen Teil der Grossbaustelle», so Meyer, «heute, zusammen mit Guides der Firma Wirz Bauunternehmung, welche mit den Betonarbeiten in diesem Bauabschnitt betraut sind, besichtigen».
Ein- und Ausblicke
Nach den interessanten Worten des Zentralpräsidenten übergab dieser das Wort an Zentralsekretär Etienne Bernard. In einer informativen Gesamtschau skizzierte er die aktuelle Lage hinsichtlich verschiedener Aspekte.
Düstere Bundesfinanzen
Der Bund prognostiziert für die Jahre 2024 bis 2026 ein Defizit von 10,3 Milliarden Franken. Dies führt wegen der «Schuldenbremse» zu Querschnittskürzungen: «So sollen», erklärte der Zentralsekretär, «über fünf Jahre jährlich 190 Millionen Franken bei der AHV eingespart werden». Bernard beurteilt die prognostizierte Finanzsituation beim Bund als «schwierige Lage für die Forderungen der Verbände». Zudem habe das Parlament «zu viel Gewicht», wie die zahlreichen Motionen, welche sich gegen das Bundespersonal richten, zeigen.
Demografische Herausforderungen
Bund und Wirtschaft sind bereits heute mit einem Mangel an Fachkräften konfrontiert. Das Problem wird sich in den nächsten Jahren massiv vergrössern. Bernard berichtet, dass 45 Prozent der Bundesangestellten bis ins Jahr 2038 in Pension gehen.
Grosse Herausforderungen des Bundes
Der Zentralsekretär sieht den Bund in den kommenden Jahren mit grossen Herausforderungen konfrontiert: «Es ist wichtig, dass der Bund wettbewerbsfähig und für Arbeitnehmende attraktiv bleibt. Der Druck aus der Privatwirtschaft ist gross. In der Öffentlichkeit herrscht oft eine Geringschätzung gegenüber dem Bund und seinen Angestellten.
Berufliche Vorsorge mit Baustellen
Bei der PUBLICA, der Pensionskasse der Bundesangestellten, ortet Etienne Bernard mehrere «Baustellen». Die PUBLICA ist eine Einrichtung mit 18 verschiedenen Vorsorgewerken sowie einigen «Geschlossenen Vorsorgewerken: «Warum nicht mal die Vorteile eines einzigen Vorsorgewerkes prüfen?», stellte der Zentralsekretär die Frage in den Raum. Weitere Probleme sieht er in der strukturellen Unterfinanzierung, im eingeschränkten «Korsett» des Arbeitgebers, in der eingeschränkten Risikotoleranz und -fähigkeit, im ungünstigen Verhältnis zwischen Aktiven und Rentnern, im niedrigen Umwandlungssatz, in der unzureichenden Gutschrift des Altersguthabens sowie in der fehlenden Rentenindexierung.
Herausforderungen von swissPersona
«Auch swissPersona muss sich zahlreichen Herausforderungen stellen», erläuterte der Zentralsekretär: So sei es in den vergangenen Jahren schwieriger geworden, neue Mitglieder für einen Verbandsbeitritt zu motivieren, da sich die Arbeitnehmenden zunehmend desinteressiert zeigen, sich in einem Verband zu organisieren. Seitens Arbeitgeber stellt Bernard manchmal auch eine Vernachlässigung einer gelebten Sozialpartnerschaft fest, und Verhandlungen mit dem Arbeitgeber haben oft konsultierenden Charakter, statt echte Verhandlungen zu sein. Zudem entscheide das Schweizer Parlament oft gegen die Interessen des Bundespersonals, was es nötig macht, dass sich die Personalverbände vermehrt direkt an die Parlamentarier wenden.
Bund, Publica und Verbände sind gefordert
Um den demografischen Herausforderungen sowie der voranschreitenden Digitalisierung gewachsen zu sein, müsse gemäss Bernard die Arbeitswelt neu definiert werden: Dauer und Form der Arbeit müssen neu definiert werden. Damit der Arbeitgeber Bund auch in Zukunft genügend Personal rekrutieren kann, braucht es innovative Lösungen. Im Bereich der beruflichen Vorsorge erwartet der Zentralsekretär mittel- bis langfristig keine wesentlichen Verbesserungen. Damit swissPersona fortbestehen und unabhängig bleiben kann, braucht es eine kritische Anzahl von Mitgliedern, gesunde Finanzen und gute Lösungen bei der Nachfolgeregelung von Schlüsselfunktionen.
Wahltag ist Zahltag
Zum Abschluss seines Referates kam Etienne Bernard noch kurz auf die Eidgenössischen Wahlen vom 22. Oktober 2023 zu sprechen: «Mit unserer Stimme können wir ein Parlament mit mehr Offenheit gegenüber sozialen Fragen wählen» (siehe auch Beitrag «Wahltag ist Zahltag» in der Septemberzeitung 2023, Seite 4).
Apèro mit Ausblick
Nach den ausführlichen Informationen ging es zum gemütlichen Teil des Anlasses über. Mit Ausblick auf die Gleise des Bahnhofs Bern genossen die Anwesenden bei einem Glas Wein oder Orangenjus das feine Gebäck, welches Verbandssekretärin Andrea Kolly gebacken hatte.
Feines Buffett
Nach dem Apéro waren die sechs teilnehmenden sowie die Zentralvorstandsmitglieder zu einem feinen Essen in der Welle 7 eingeladen. Bei angeregten Diskussionen verflog die Zeit für die Ehrenmitglieder Alfred Dummermuth, Francesco Lucchini, Hansueli Büschi, Markus Zurbuchen, Peter Steiner, Roland Meier sowie die Mitglieder des Zentralvorstandes im Fluge.
Eindrückliche Grossbaustelle
Als letzter Programmpunkt stand die Besichtigung der Grossbaustelle im zweitgrössten Bahnhof der Schweiz in Bern an. Das Grossbauprojekt beinhaltet den Bau einer neuen Perronhalle, neuen Geleisen, einer neuen Fussgängerunterführung sowie diverser neuen Verkehrswege. Damit sollen die stark wachsenden Passantenströme besser verteilt werden.
Doch bevor es losging, hiess es «Schutzkleider anziehen und Helm auf!». Danach nahmen uns Mitarbeitende der Wirz Bauunternehmung auf eine eindrückliche Baustellenbesichtigung tief unter der Erde mit. Die Bauunternehmung Wirz AG wurde von den SBB mit den Betonarbeiten der neuen Fussgängerunterführung beauftragt. Als erstes bekamen die Teilnehmenden ein riesengrosses, tiefes Loch zu sehen, welches mittels Baustellenlift – eine kleine Herausforderung für jene mit Höhenangst – zuerst überwunden werden musste. Aufgeteilt in zwei Gruppen erzählten uns die beiden Guides viel Interessantes über die äusserst komplexe Baustelle. Die einzelnen Bauphasen mussten vorgängig sorgfältig geplant werden, denn die Bauarbeiten finden bei gleichzeitigem Bahnbetrieb statt. Weiter oben bei den Gleisen spüren die Bahnpassagiere wenig von den umfangreichen Bauarbeiten, ausser dass jeweils einige Gleise im Bereich der neuen Unterführung gesperrt sind.
Diese exklusive Besichtigung dieser faszinierenden Grossbaustelle wurde durch Zentralpräsident Markus Meyer ermöglicht. Nach spannenden 1 ½ Stunden «unter Tage» verabschiedeten sich die Teilnehmenden mit tollen Erlebnissen und Eindrücken im Gepäck und machten sich auf den Heimweg.
In froher Erwartung auf ein tolles Erlebnis tief unter der Erde posieren die Ehrenmitglieder sowie die Mitglieder des Zentralvorstandes für das Gruppenbild. ■