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Interview mit Etienne Bernard

«Bei Verhandlungen gewinnen beide Parteien»

Etienne Bernard gab an der Hauptversammlung vom 17. März 2022 nach 13 Jahren sein Amt als Präsident ab. An der swissPersona-Delegiertenversammlung vom 6. Mai 2022 kandidiert er als Nachfolger von Zentralsekretär Beat Grossrieder. In einem Interview schaut Etienne Bernard auf bewegte Jahre zurück.

 

Interview Beat Wenzinger
Redaktor swissPersona
Übersetzung Thomas Sutter

 

Redaktion: Lieber Etienne, hast du ein Motto, an welchem du dich in deiner Arbeit als VdI-Präsident oder auch privat orientierst?
Etienne Bernard: Der Leitspruch «Leben und leben lassen» beschreibt mich ziemlich genau. Dies ist für mich eine Lebensweisheit, welche mich in meinen Überlegungen und meinem täglichen Handeln leitet. Das bedeutet für mich: Die Dinge geschehen lassen, authentisch sein, sein eigenes Leben leben.

Welchen Teil deiner Arbeit als VdI-Präsident hat dir jeweils am meisten Freude bereitet?
Oh, da gibt es viele. Ich würde als erstes diejenigen Gelegenheiten nennen, an welchen wir uns trafen und bei denen Geselligkeit angebracht war, wie die Generalversammlungen, die Kontaktpersonenkonferenzen und die TRADITION-Zusammenkünfte für unsere Veteranen, das ehrwürdige Fondue-Essen, an welchem wir der Gründung des VdI gedenken – ohne jedoch die Feier zum 75 Jahr Jubiläum des VdI zu vergessen. Ich würde auch die ausgeprägte Pflege der Kameradschaft mit meinem Vorstand, die enge und einträgliche Zusammenarbeit mit unserer Dachorganisation swissPersona und die Errichtung eines wirksamen Beziehungsnetzes, erwähnen. Wenn auch die gewonnenen «Schlachten», besonders jene darunter, für welche man uns im Voraus keine Chancen gab, mich in hohem Masse erfreut haben, waren es jedoch vor allem die zahlreichen Dankesschreiben und persönlichen Dankesbezeugungen, welche mich beieindruckt haben. All dies hat in hohem Masse zur Freude beigetragen, mich mit Herzblut einzusetzen.

Was erachtest du als die wichtigste Errungenschaft des Verbandes, welche in deiner 13-jährigen Amtszeit als Präsident erreicht wurde?
Ich denke, dass die grösste Errungenschaft, welche der VdI erreicht hat, ist, dass der VdI sich als fachkundige, anerkannte und unumgängliche Organisation aufstellen konnte, welche fähig ist, Erfolge zu erringen. Die Kommunikation war dazu das Hauptelement, welches dem VdI eine gesteigerte Sichtbarkeit, sowohl gegen innen wie auch gegenüber dem Arbeitgeber, verschaffte. Dies wurde mit Hilfe eines ebenso fantastischen wie auch wirkungsvollen Trios von Übersetzern ermöglicht, welches den Leserinnen und Lesern erlaubt, mich in drei Sprachen zu lesen, wofür ich zutiefst dankbar bin.

Was weiter konnte der Verband in dieser Zeit bewirken?
Der VdI konnte einen starken Beitrag zu den Arbeitsbedingungen der Instruktoren leisten, indem er sich im Projekt «Entwicklung des Berufsbildes für die Berufsmilitärs» (Berufsbild BM 4.0) aktiv einbrachte, sich gegen den Abbau von Besitzständen wehrte (Militärversicherung, Vergütung des Ortszuschlages, Sparmassnahmen beim Personal), mit Hartnäckigkeit bei den Lohnverhandlungen kämpfte (Ausgleich der Teuerung, Erhöhung der Löhne) und sich bei der Vergütung des Alterskapitals der Pensionskasse einbrachte. In den Bereichen, wo Entgegenkommen unausweichlich war, hat der VdI mit Beharrlichkeit für einen Ausgleich oder für Begleitmassnahmen gekämpft.

Was war dein grösster Glücksmoment?
Ohne jeglichen Zweifel die Anerkennung der Fähigkeiten und Verantwortlichkeiten durch die Besserstellung der Berufsunteroffiziere, welche den andauernden Forderungen seit über 40 Jahren ein Ende setzte. Hinzufügen würde ich auch den Fortbestand der Militärversicherung für die aktiven Instruktoren wie auch die Pensionierten, welchen man in mehreren Anläufen versuchte, das entsprechende Statut zu entziehen.

Welches ist persönlich deine grösste Enttäuschung über ein verpasstes Ziel?
Da kommt mir der Fussball in den Sinn, um meine Antwort bildlich zu veranschaulichen. Zum Beispiel die Geschichte der «Les Bleus», welche unweigerlich besser gespielt haben als «Les Rouges», aber trotzdem 0:1 verloren haben. Wenn ich mein ganzes Können und alle meine Ressourcen eingesetzt habe, ohne jedoch das Ziel zu erreichen, hätte ich mich wie die Mannschaft der «Les Bleus» fühlen müssen. Allerdings erinnere ich mich nicht daran, den kompletten Misserfolg erlitten zu haben. Bei Verhandlungen gewinnen beide Parteien. Bei Kämpfen ist der Stärkere oder der Trickreichere der Sieger. Bei Verhandlungen weiss der VdI die Interessen seiner bekanntlich 3’000 Instruktoren gegen 30’000 Bundesangestellte zu vertreten. Auch wenn er auch nicht der stärkste Verband ist, konnte er doch geschickt die wichtigen Argumente hervorheben und Erfolge zu Gunsten des ganzen Verbandes verbuchen, auch wenn es manchmal nur Teilerfolge waren.

Was wirst du nach deinem Rücktritt am meisten vermissen?
Obwohl ich aus dem VdI-Vorstand ausgeschieden bin, bleibt mein Einsatz für die Verbände und Vereine bestehen. Ich bin weiterhin für die Mitgliederwerbung der Sektion Romandie zuständig und vertrete die Angestellten im Paritätischen Organ des Vorsorgewerks des Bundes. Ich segle weiterhin unter der Flagge von swissPersona und verspüre keinen Mangel.

An der swissPersona-Delegiertenversammlung vom 6. Mai 2022 möchtest du als Nachfolger von Beat Grossrieder zum neuen Zentralsekretär gewählt werden. Was reizt dich an dieser neuen Aufgabe?
Ich werde Ende Juli meinen Dienst beim Bund beenden. Für eine Militärperson, wie ich es bin, erinnert das Wortspiel «Pension = Rückzug» zu sehr an eine Niederlage. Der Zivilist, welcher ich bald wieder sein werde, sieht sich noch nicht als Rentner. Ich möchte weiterhin dienen und meinen Beitrag für die Gemeinschaft erbringen, diese an meiner Erfahrung teilhaben lassen und weiterhin Neues dazu lernen. All dies, indem ich mir trotzdem Zeit für mich und meine Familie nehme. Die ausgezeichnete Stimmung, welche innerhalb unseres Dachverbandes herrscht, die zwischenmenschlichen Verbindungen, die anstehenden Herausforderungen, die Verbandsarbeit, mitwirken und umsetzen von Projekten sind für mich eine grosse Motivation. In Begleitung des Zentralsekretärs Beat Grossrieder hatte ich zahlreiche Möglichkeiten, die Vertretung des Personals auf Stufe der Ämter und Departemente des Bundes oder der Bundespolitik zu betreiben und zu verfolgen. Ich wurde dadurch bei den anderen anerkannten Personalverbänden bereits eingeführt und die Kontakte mit den verschiedenen Key-Players sind bereits hergestellt. Es wird mir eine grosse Zufriedenheit geben, meine Sach- und Fachkenntnisse zu Gunsten von swissPersona zur Verfügung zu stellen und mich in seine operative Leitung einzubringen. ■ (Archivbild: Etienne Bernard führt souverän durch die 75-Jahr-Jubiläumsdelegiertenversammlung des Verbandes der Instruktoren im Jahr 2013.) (Bild Beat Wenzinger)

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