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Interview mit Nationalrätin Andrea Zryd

«Unsere grösste Gefahr sind Cyber- und Hybridangriffe sowie Bedrohungen aus der Luft»

Andrea Zryd wirkt seit Dezember 2023 im Nationalrat. Die Sportwissenschaftlerin mit eigener Firma ist Mitglied der Sicherheitspolitischen Kommission (SiK-N). Wir freuen uns, dass Andrea Zryd uns periodisch in dieser Zeitung Einblick in die Arbeit der SiK-N gibt. Zuvor möchten wir sie aber in einem Interview näher kennenlernen.

Beat Wenzinger
Redaktor swissPersona

Redaktion: Liebe Frau Zryd, können Sie unseren Leserinnen und Lesern etwas über Ihre beruflichen Tätigkeiten erzählen?

Andrea Zryd: Ich bin als Sportlehrerin und Trainerin im Spitzensport tätig, aktuell bin ich in Magglingen, wo ich die Mitglieder der Eishockey-Nationalmannschaft, die in die Spitzensport-RS und den WK kommen, betreue. Daneben habe ich auch noch ein kleines Mandat in der Leistungsdiagnostik und bin Prüfungsexpertin in der Trainerbildung. Und jetzt bin ich eben auch Nationalrätin – und das macht sicher die Hälfte meiner beruflichen Tätigkeit aus. Meine Kernthemen sind Sportpolitik, Sicherheitspolitik sowie Transparenz und Steuergerechtigkeit im Bereich Finanzen.

Sport scheint in Ihrem Leben einen wichtigen Stellenwert zu haben. Wie haben Sie den Weg in die Politik gefunden, und welche politischen Stationen haben Sie durchlaufen?

Das ist richtig, ich komme aus einer Familie, in der Sport schon immer eine Rolle gespielt hat. Schon als Kind habe ich mit meinen drei Geschwistern und meinen Eltern viel Sport getrieben. Wir waren vielseitig aktiv; Skifahren, Kunstturnen, Tennis, und mehr. An den Wochenenden sind wir zu Berg gegangen. Ambitioniert war ich im Ski Alpin. Mein Vater war auch schon Sportlehrer und ich bin dann sozusagen in seine Fussstapfen getreten.

In die Politik bin ich ebenfalls durch meine Familie gekommen, aber auch durch meinen Geschichtslehrer, bei dem wir auch immer politisiert haben. Ich war nie in der JUSO, sondern schon von Anfang an, mit 16, in der SP. Durch den Verzicht von Hans Mürner konnte ich 2004 dann in den Grossen Rat des Kantons Bern nachrutschen, wo ich insgesamt 15 Jahre verbracht habe, zunächst als Vertreterin des Oberlands, dann für das Seeland. Im Grossen Rat war ich lange in der Geschäftsprüfungskommission tätig. Schon vor 4 Jahren bin ich bei den nationalen Wahlen auf dem ersten Ersatzplatz gelandet, dieses Mal jetzt wieder. Und dank der Wahl von Flavia Wasserfallen in den Ständerat konnte ich jetzt in den Nationalrat nachrutschen. Ich bin immer in vielen Vereinen und Verbänden ehrenamtlich unterwegs gewesen, auch bei der Sportpolitik und in Netzwerken. Das hat mir sicher auch geholfen, dass ich jetzt nicht nur von der SP-Wählerschaft gewählt wurde, sondern breite, überparteiliche Unterstützung erfahren durfte.

Als Mitglied der Sicherheitspolitischen Kommission sind Sie zusammen mit Ihren Amtskolleginnen und -kollegen sozusagen für die Sicherheit der Schweiz zuständig. Können Sie uns einen kurzen Einblick in die wichtigsten Aufgaben der SiK geben?   

Beim Thema Sicherheit denkt man immer als erstes an die Armee – und ja, die Armee und unsere Verteidigung generell sind ein wichtiger Teil der Sicherheitspolitik der Schweiz. Wir haben aktuell spannende und tiefgreifende Diskussionen wie unsere Armee in Zukunft aussehen soll. Im Vordergrund steht dabei für mich nicht die mechanisierte Verteidigung, sondern unsere grösste Gefahr sind Cyber- und Hybridangriffe sowie Bedrohungen aus der Luft, gegen die wir gewappnet sein müssen. Da sind auch der Nachrichtendienst und die Fedpol von grosser Bedeutung. Wir müssen schauen, dass diese die nötigen Ressourcen erhalten, um diese wichtige Arbeit zu machen.

Zur Verteidigung gehört für mich aber auch klar die Friedensförderung. Wir haben den humanitären Auftrag, eine friedliche und stabile Welt mitzugestalten und Konflikte zu entschärfen. In der SiK geht es jetzt drum, dass wir Strategien vorschlagen und die dann durchs Parlament bringen. Wir müssen zuhören, was die Armee für Vorschläge hat, wie wir aufrüsten wollen oder auch nicht, wie unsere Armee längerfristig aussehen soll. Zentral sind für mich auch weitere Themen: Wer sind unsere Bündnispartner in Zukunft, gehen wir Bündnisse ein, wie sieht Neutralität aus? Das sind die Fragen, die wir diskutieren müssen. Ist die Schweiz neutral, was bedeutet neutral? Wir könnten uns in einem Angriffsfall nicht alleine verteidigen, wir wären zumindest auf die Unterstützung der EU-Staaten angewiesen, die fast alle auch NATO-Staaten sind. Das wird alles in Zukunft wichtig sein.

Wie kommt man zu diesem verantwortungsvollen Amt in der Sik?

Als Neue kannst du dir am Anfang nicht gross wünschen, wo du hinkommst. Ich wäre ursprünglich lieber in der WBK (Komsission für Wissenschaft, Bildung und Kultur) gewesen, wo der Sport angesiedelt ist. Stattdessen bin ich in die SiK «delegiert» worden. Inzwischen bin aber sehr froh, dass ich in dieser Kommission bin. Ich habe grosse Affinität zum Thema, das habe ich schon zur Polizei/Kapo gehabt, damals im Grossen Rat. Es ist ein sehr spannender und verantwortungsvoller Job und es ist wichtig, dass sich gerade auch die SP mit Sicherheit befasst und dieses Thema nicht nur den Bürgerlichen überlässt. Ich bin bereit, Kompromisse einzugehen, Lösungen zu finden und manchmal auch neue Wege zu gehen.

Gibt es Themen, die Sie gerne in die SiK einbringen möchten?

Für mich ist die die Friedensförderung sehr zentral. Mit welchen Staaten wollen wir deswegen verhandeln, welche Haltung haben wir in Konflikten? Und ich möchte vor allem auch diskutieren: Was macht die Schweiz in Zukunft? Wie sieht der Artikel 5 mit NATO-Übungen aus? Ist das möglich? Ich persönlich bin eine Befürworterin von Zusammenarbeit, aber ohne gleich ein Bündnis einzugehen. Ein Bündnis ist im Moment der falsche Weg, aber die Schweiz darf sich auch nicht weiter isolieren. Das möchte ich in der SiK eingeben. Das zweite ist, den Zivildienst zu stärken. Sicherheit und Bevölkerungsschutz beinhaltet natürlich auch den Zivilschutz. Haben wir genug Leute, wenn mal ein Erdbeben oder sonst eine Naturkatastrophe ist? Oder auch Corona, wenn wir wieder so eine Pandemie haben, da brauchen wir Leute, die da sind, die die Bevölkerung schützen können. Drittens auch noch die Themen Cybersicherheit und hybride Angriffe, da müssen wir aufrüsten und mehr Ressourcen bereitstellen.

Als Sportlehrerin haben Sie eventuell ein Motto, welches Sie den jungen Athletinnen und Athleten mit auf den Weg geben? Falls ja, wie lautet es und hilft Ihnen dies auch als Leitfaden in der SiK?

Jungen Athletinnen und Athleten gebe ich vor allem eines mit auf den Weg: Der Körper ist ihr Kapital. Und natürlich: Immer trainieren, man muss dranbleiben, es braucht viel Umfang, aber auch viel Intensität. Es ist eine Gratwanderung, dass man den Körper nicht kaputt macht. Da ist man als Trainerin auch in der Verantwortung, dass man nicht nur den Körper der Athletinnen und Athleten, sondern auch die Psyche in den Fokus nimmt und schaut, dass es ihnen gut geht. Der Körper ist das wichtigste Gut, damit geht man verantwortungsvoll um. Ob mir das auch in der SiK hilft, ist schwer zu sagen. Aber es braucht viel Ausdauer, man muss immer am Ball bleiben, wie im Spitzensport darf man auch in der Sicherheitspolitik nicht einfach abhängen. Man ist oft hart am Limit, aber doch hat man eine Verantwortung. Wichtig im Training sind eine gute Struktur und einen Plan mit klaren Anweisungen zu haben. Wann trainierst du, wann hast du einen Peak, wann hast du Erholungsphasen? Aber das ist nicht alles, man muss schauen, dass man nicht nur eine klare Vision, sondern auch eine Mission hat und dazu auch Strategien. Das ist in der SiK auch wichtig und das wünsche ich mir auch von der Armee. Eine klare Strategie, dass man weiss, wohin wollen wir und wie kommen wir dort hin.

Herzlichen Dank Frau Zryd für das Interview.(Bild: Nationalrätin Daniela Zryd arbeitet unter anderem als Sportlehrerin in Magglingen.) (Bild zVg)

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