«swissPersona wird sich für den Erhalt der Arbeitsplätze einsetzen»
Obwohl es nicht völlig unerwartet kam, so war es doch ein veritabler Paukenschlag: Der Bundesrat hat in seiner Sitzung vom 15. März 2019 die Aufteilung der RUAG beschlossen. Gleichzeitig hat er entschieden, dass RUAG International zu einem Aerospace-Technologiekonzern weiterentwickelt und mittelfristig vollständig privatisiert werden soll.
Dr. Markus Meyer
Zentralpräsident swissPersona
Entstanden aus bundeseigenen Rüstungsbetrieben
Blicken wir zurück. Die RUAG ist vor 20 Jahren aus den bundeseigenen Rüstungsbetrieben entstanden, aus der Konstruktionswerkstätte Thun, aus einer Waffenfabrik Bern, der Fabrique fédérale d‘ armes, kurz W+F, aus diversen anderen. Sie ist noch heute ein hundertprozentiger Bundesbetrieb. So hat sie anfangs gutes Geld verdient mit Aufträgen des VBS, der Armee. Dann kamen die neuen Strategien. Bereits kurz nach der Gründung haben die Verantwortlichen erklärt, der Konzern könne nicht bloss für die Schweiz arbeiten, man müsse international werden, es müsse auch in andere, zivile Bereiche expandiert werden. Und nun? Nun bleiben bloss die anderen, zivilen Bereiche. Und die sollen privatisiert werden. Der Rest, die rund 2‘000 Mitarbeitenden, welche sich um den ureigenen Auftraggeber VBS kümmern, die werden abgespalten, in eine neue Firma überführt.
Bundesrat in der Kritik
Dieser Entscheid hat Wellen geworfen. Aus den verschiedensten politischen Lagern kam Kritik. Die Gruppe für eine Schweiz ohne Armee (GsoA) kritisierte, der Bundesrat stehle sich damit aus der Verantwortung beim Export von Kriegsmaterial aus der Schweiz. Andere sprachen vom «Verkauf des Tafelsilbers», dem «Verscherben der Immobilien». Befürchtungen vor einem ausländischen Eigner (Chinesen? Russen?) wurden geäussert. Und es besteht die Angst vom Verlust guter Arbeitsplätze in verschiedensten Regionen der Schweiz.
swissPersona hat genau hingeschaut, um sich eine fundierte Meinung zu bilden. Wir wollten wissen, welche Motive unsere Landesregierung für diesen einschneidenden Schritt hat. Denn, diese ist der Auffassung, so den Bedürfnissen der Armee, den Interessen des Bundes als Eigner sowie dem Arbeits- und Technologiestandort Schweiz optimal Rechnung zu tragen.
Reaktion auf Entwicklung und Umfeld
Die RUAG hat sich von einem Rüstungsbetrieb zu einem internationalen Technologiekonzern entwickelt. Die gesetzlich vorgeschriebene Sicherstellung der Ausrüstung der Armee macht heute nur noch einen Teil der Tätigkeiten aus. Das ist eines der Hauptmotive, weshalb der Bundesrat die für die Armee tätigen Unternehmensteile von den übrigen Geschäftsbereichen trennen will.
Per 1. Januar 2020 wird die RUAG Holding AG eine Beteiligungsgesellschaft mit zwei Töchtern: einerseits der MRO Schweiz, die für die Armee tätig sein wird (zirka 2500 Mitarbeitende, Produktionsstandorte in der Schweiz); andererseits der RUAG International für die übrigen Geschäftsbereiche (zirka 6500 Mitarbeitende, wovon zwei Drittel im Ausland). Diese beiden Subholdings sollen separat geführt werden, rechtlich und finanziell voneinander unabhängig sein und mit getrennten Informatiksystemen arbeiten. Das Informatiksystem von MRO Schweiz wird in den Sicherheitsperimeter des VBS integriert.
Schweizer Immobilien verbleiben beim Bund
Immobilien, welche 1999 durch den Bund im Rahmen der Gründung in die RUAG eingebracht wurden, gehen in den Besitz von «MRO Schweiz» und verbleiben damit auch langfristig im Besitz des Bundes. Immobilien, welche nach der Gründung von RUAG erworben wurden und primär durch «RUAG International» belegt sein werden, gehen in den Besitz von «RUAG International». Dies betrifft Immobilien im Ausland und den Standort Zürich-Seebach.
MRO Schweiz als Materialkompetenzzentrum der Armee
MRO Schweiz wird alle sicherheitsrelevanten Leistungen für das VBS erbringen, welche bisher die RUAG erbracht hat. Dabei handelt es sich in erster Linie um Wartung, Reparatur und Überholung (MRO, englisch Maintenance, Repair und Overhaul) sowie um die Instandhaltung einsatzrelevanter Systeme wie die Kampfjets. MRO Schweiz wird die Rolle des Materialkompetenzzentrums für die Schweizer Armee wahrnehmen. Gleichzeitig soll so die Leistungserbringung gegenüber dem VBS transparenter und kostenoptimierter werden. Das entspricht Forderungen der Eidgenössischen Finanzkontrolle und von parlamentarischen Kommissionen. MRO Schweiz wird in begrenztem Ausmass auch Drittaufträge ausführen können, aber nur aus der Schweiz heraus und wenn Synergien mit dem Geschäft für die Armee vorliegen, etwa bei der Wartung von Helikoptern und Panzergetriebe.
Strategie für RUAG International
Für die übrigen, international ausgerichteten Geschäftsbereiche hat der Bundesrat die von RUAG ausgearbeiteten Optionen zur Weiterentwicklung geprüft. Er unterstützt die vom Verwaltungsrat vorgeschlagene Bildung einer Aerospace-Gruppe. Diese wird mittelfristig aus den beiden Unternehmensbereichen Aerostructures und Space bestehen. Die in den letzten Jahren durch RUAG aufgebauten Kompetenzen in diesen Geschäftsfeldern sollen fokussiert weiterentwickelt und das technische Know-how in der Schweiz erhalten bleiben. Dies steht auch im Zusammenhang mit der Weltraumpolitik der Schweiz. VBS und Eidgenössische Finanzverwaltung werden im Verlaufe der nächsten Monate den Umsetzungsplan des RUAG-Verwaltungsrates noch prüfen.
Eine Beteiligung der öffentlichen Hand an einem solchen Technologiekonzern ist kaum im Interesse des Bundes und der Steuerzahler. Das ist mit Risiken Verbunden und der Bundesrat sieht auch kein öffentliches Interesse daran. Deshalb soll RUAG International mittelfristig vollständig privatisiert werden.
Gestaffeltes Vorgehen
Für diese Privatisierung hat RUAG verschiedene Optionen vorgeschlagen. Der Bundesrat wird zu einem späteren Zeitpunkt über die weiteren Schritte entscheiden. Er sieht ein gestaffeltes Vorgehen vor, abgestimmt auf den Aufbau der Aerospace-Gruppe. Zu Beginn werden unter RUAG International auch jene Unternehmensbereiche weitergeführt, die nicht zur neuen Ausrichtung als Aerospace-Gruppe passen oder die aufgrund der Vernetzung mit dem Ausland nicht in die MRO Schweiz überführt werden können. Für diese Einheiten werden Partner gesucht, die für sie bessere Zukunftschancen bieten. Dazu zählen die Bereiche Cyber, MRO International und RUAG Ammotec. Für Simulation & Training wird ein Joint-Venture angestrebt. Der Verkauf von RUAG Ammotec wird aus Sicht des Bundesrates die Versorgungssicherheit nicht beeinträchtigen. Hier sind wir sehr kritisch. Natürlich wird die Landesregierung den Käufer sehr vorsichtig auswählen. Natürlich will der Bundesrat, dass der Standort Thun weiterbetrieben wird. Solche Absichtserklärungen haben in einer globalisierten Wirtschaft aber kurze Halbwertszeiten.
Arbeitsplätze in der Schweiz
Der Bundesrat ist der Überzeugung, dass er mit seinem Vorgehen sowohl den Interessen der Armee als auch denen des Unternehmens Rechnung trägt. MRO Schweiz soll sich auf den Kernauftrag zu Gunsten der Armee konzentrieren. Gleichzeitig kann die Aerospace-Gruppe als attraktives Technologieunternehmen mit Sitz in der Schweiz fortbestehen. Allerdings: Das Wachstum dieser Märkte findet primär im Ausland statt. Trotzdem ist es möglich, dass hochspezialisierte, technologische Verfahren und entsprechende Arbeitsplätze in der Schweiz erhalten werden können. Dies dank der hervorragenden Mitarbeitenden und dem einmaligen Bildungssystem der Schweiz. swissPersona wird sich für den Erhalt dieser Arbeitsplätze einsetzen. ■ (Bild RUAG)