swissPersona
Politische Entscheide und Anpassungen im Bundespersonalrecht

Ständerat folgt dem Nationalrat nicht und lehnt den Verkaufsstopp der RUAG Ammotec ab

Auch während der Pandemie nahmen swissPersona und die Personalverbände des Bundes Einfluss auf verschiedene Geschäfte und diverse politische Entscheide wurden getroffen. Wichtige Themen waren die Revisionen der Bundespersonalverordnung (BPV) und der Verordnung des Eidgenössischen Finanzdepartements (EFD) zur Bundespersonalverordnung (VBPV), die Lohnverhandlungen mit dem Bundesrat sowie der Entscheid des Ständerates vom 9. Juni 2021 zum Verkauf der RUAG Ammotec. Die wichtigsten Punkte in Kürze.

 

Beat Grossrieder
Zentralsekretär swissPersona  

 

4 Wochen Vaterschaftsurlaub

(Art. 60 BPV)

Nach dem deutlichen Abstimmungsresultat zu den zwei Wochen Vaterschaftsurlaub haben mehrere namhafte Unternehmen diesen auf vier Wochen erweitert. Bei den Lohnverhandlungen 2020 haben swissPersona und die Personalverbände des Bundes aufgrund der Corona-Krise auf die Forderung einer Lohnerhöhung verzichtet. Im Gegenzug beantragten die Verbände aber zwei zusätzliche Wochen Vaterschaftsurlaub. Bundesrat Ueli Maurer hat den Vorschlag dem Gesamtbundesrat unterbreitet, welcher unserem Antrag schlussendlich auch zustimmte. Somit kann sich auch der Bund in diesem Bereich zu den führenden Arbeitgebern zählen.

Urlaub für die Betreuung von gesundheitlich schwer beeinträchtigten Kindern

(Art. 60c BPV)

Für die Betreuung von gesundheitlich schwer beeinträchtigten Kindern wird ein bezahlter Urlaub von maximal 14 Wochen eingeführt. Auch dies war ein weiteres Anliegen der Personalverbände,  welches vom Bundesrat genehmigt wurde.

Flexible Arbeitsformen

Ein Thema, welches mit den Erfahrungen durch Corona neue Dimensionen angenommen hat und auch noch weiter annehmen wird. So waren bei der Bundesverwaltung während der Pandemieregelung rund 25‘000 Mitarbeitende im Homeoffice tätig, wobei täglich rund 5‘400 Video- oder Telefonkonferenzen stattfanden. Auch hier haben wir uns aktiv eingebracht und werden uns auch zukünftig mit dem Thema weiter beschäftigen.

Festgelegt wurde: Die Vorgesetzten fördern die flexiblen Arbeitsformen. Dies bedeutet, dass sie die persönlichen Bedürfnisse der Angestellten berücksichtigen und ihnen, sofern von der Aufgabenerfüllung her möglich und mit den betrieblichen Interessen vereinbar, die Gelegenheit geben, diese zu verwirklichen. Die Förderung bezieht sich auf den Ort der Erbringung der Arbeitsleistung und die Wahl des Arbeitszeitmodells. Den Angestellten soll ermöglicht werden, ihre Arbeitsleistung so flexibel wie möglich zu erbringen.  Die Orte der Erbringung der Arbeitsleistung werden zwischen den Vorgesetzten und den Angestellten vereinbart. Die Arbeitsleistung kann in den Räumlichkeiten des Arbeitgebers oder im Homeoffice, aber auch in frei zugänglicher Arbeitsplatzinfrastruktur bei Drittanbietern oder flexiblen Teamräumen erbracht werden. Beim Entscheid, ob den Wünschen der Angestellten entsprochen werden kann, sind hauptsächlich die betrieblichen Interessen der Arbeitgeber und die Aufgabenerfüllung der Angestellten zu berücksichtigen. Es besteht aber auch weiterhin kein Rechtsanspruch auf eine freie Wahl des Arbeitsorts.

Dies sind Massnahmen bei denen ein Umdenken besonders seitens des Arbeitgebers aber auch bei den Arbeitnehmenden unabdingbar ist und wohl noch einige Zeit in Anspruch nehmen wird. Bei der Diskussion mit Bundesrat Ueli Maurer waren wir uns einig, dass Homeoffice und ähnliche Arbeitsnormen in einem vernünftigen Ausmass durchaus ein guter Ansatz sind. Die Werte der sozialen Kontakte dabei aber nicht unterschätzt und vernachlässigt werden dürfen. Man muss sich aber auch bewusst sein, dass Arbeitsformen wie das Homeoffice, besonders in den Industriekreisen gewisse Gefahren auslösen können, denn diese Tätigkeiten können in Bern, Zürich, Basel aber auch in Indien, Japan oder in den Oststaaten realisiert werden. Dies wiederum kann eine vermehrte Abwanderung von Arbeitsplätzen ins Ausland zur Folge haben.

Vertrauensarbeitszeit für Angestellte in den Lohnklassen 18–23

(Art. 64b Abs. 3 und 4 BPV)

Angestellte in den Lohnklassen 18–23 erhalten neu die Möglichkeit, ihre Arbeitszeit nach dem Arbeitszeitmodell der Vertrauensarbeitszeit zu leisten. Die Bedingungen sind gleich wie bei den Angestellten in den Lohnklassen 24–29: Es braucht die Zustimmung beider Vertragsparteien für die Leistung der Arbeitszeit mit dem Modell der Vertrauensarbeitszeit. Dieser Punkt hat bei den Personalverbänden unterschiedliches Unbehagen ausgelöst. Einerseits begrüssen wir die Beweglichkeit bei der Wahl des Arbeitszeitmodelles, welches durchaus auch als eine Chance betrachtet werden kann, andererseits haben wir aber die Bedenken, dass ein ungesunder Druck gegenüber den Arbeitnehmenden ausgeübt werden könnte. Es wird unsere Aufgabe sein, einen genauen Augenschein auf die versprochene Freiwilligkeit zu halten.

Das militärische Personal ist von dieser Anpassung ausgenommen, da deren Arbeitszeit über die Verordnung geregelt wird. Das in Bearbeitung stehende Berufsbild wird zeigen, in welche Richtung die Handhabung auch bei diesem Punkt gehen wird.

Lohngarantie bei Tieferbewertung einer Funktion oder Zuweisung einer tiefer bewerteten Funktion

(Art. 52a und 116k BPV)

Angestellte, die bei einer Rückstufung ihrer Funktion oder Zuweisung einer tiefer bewerteten Funktion älter als 55 sind, erhielten bisher eine unbefristete Lohngarantie. Neu wird die maximale Lohngarantie für über 55-jährige Angestellte auf fünf Jahre reduziert. Dies war ein Kapitel bei dem sich die Personalverbände klar gegen eine Anpassung einsetzen.

In der Diskussion mit dem Bundesrat wurde uns aber auch klar, dass die zehn Jahre Lohngarantie im Gegensatz zu den normalerweise zwei Jahren keine Chancen haben wird und man auch politisch kaum mit Unterstützung rechnen konnte. Daher schlugen wir Bundesrat Ueli Maurer zur Schadensbegrenzung eine grosszügige Übergangsfrist mit folgendem Wortlaut vor:

«Angestellte, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Anpassung das 55. Altersjahr bereits vollendet haben, erhalten bei einer Tieferbewertung ihrer Funktion weiterhin eine unbefristete Lohngarantie. Dies gilt für bisherige und zukünftige Tieferbewertungen oder Zuweisungen von tieferbewerteten Stellen».

Wir freuten uns, dass der Bundesrat auch diesem Antrag zugestimmt hat und wir damit Härtefälle vermeiden konnten.

Lohnverhandlungen vom 31. Mai 2021

Im Februar 2021 hat uns der Bundesrat mitgeteilt, dass auf Grund der Corona-Krise und der damit verbundenen Bundesfinanzen keine Einstellungen im Budget für Lohnmassnahm 2022 vorgesehen sind. Zu diesem Zeitpunkt wurde auch eine Negativteuerung von 0.3 Prozent und eine unsichere Wirtschaftslage ausgewiesen. Bis anfangs Mai 2021 hat sich aber die Konjunktur unerwartet positiv verändert, was somit auch ein Anstieg der Teuerung zur Folge hatte. Die rasante Nachfrage nach Wirtschaftsgütern war so gross, dass wir nun weltweit in einen krassen Rohstoffmangel geraten sind, was einerseits das Wirtschaftswachstum verlangsamt, anderseits aber die Teuerung durch krasse Preisaufschläge anheizt. So hatten wir anfangs Jahr noch eine Minusteuerung von rund 0,3 Prozent und Ende Mai stehen wir bei einem Plus von 0,4 Prozent. Der Verlauf bis Ende Jahr ist sehr schwer einschätzbar. Auf Grund dieser Entwicklung verzichteten wir auf eine Reallohnerhöhung,  forderten aber, dass die Teuerungsentwicklung im Auge behalten werden und die zu erwartende Teuerung Ende Jahr im Finanzvoranschlag berücksichtigt werden muss. Bundesrat Maurer wird unsere Forderungen und Argumentationen an den Gesamtbundesrat, als Verhandlungsgrundlage für die Lohngespräche im November 2021, weiterleiten. Sicher werden wir keinen einfachen Stand haben, da die Negativteuerungen der letzten Jahre auch als Reallohnerhöhungen ausgelegt werden. Tatsache ist, dass der Bundeshaushalt im Jahr 2020 ein Defizit von 15 Milliarden Franken und im Jahr 2021 voraussichtlich rund 20 Milliarden Franken ausweisen wird. Der Bundesrat gerät auch mit der Regelung der Schuldenbremse unter Druck, welche eine Schuldentilgung innert fünf bis sechs Jahren verlangt. Auch dies ist ein Faktor, welcher auf Grund der ausserordentlichen Situation sicher neu beurteilt werden muss.

Natürlich gibt es auch Bereiche, welche von der Pandemie schwer betroffen waren. So zum Beispiel die Fluggesellschaften, die Gastronomie oder die Eventbranche. Bei der Swiss werden rund 1700 Stellen gestrichen und 5500 Kündigungen ausgesprochen. Bei über 3000 Restaurants wird es keine Wiedereröffnung geben, was den Verlust von rund 10‘000 Arbeitsplätzen zur Folge haben wird. Sehr ähnlich wie der Gastronomie ergeht es der Eventsbranche. Dies sind sicher Gründe, um bei den Forderungen von Reallohnerhöhungen zurückhaltend zu bleiben.

Ein Verzicht auf den Teuerungsausgleich wäre aus unserer Sicht jedoch ein Tabubruch und ein falsches Zeichen, da sich eine Schwächung der Kaufkraft negative auf die Entwicklung der Konjunktur auswirkt und die personelle Konkurrenzfähigkeit gegenüber der Wirtschaft ins Schwanken geraten könnte.

RUAG Ammotec

Die Zustimmung der Motion Salzmann «Kein Verkauf der RUAG Ammotec» im Nationalrat vom 1. März 2021 verstanden wir als Zeichen, dass die Versorgungssicherheit durch die Erfahrungen in der Corona-Krise einen höheren Stellenwert in Politik und Gesellschaft erhalten hat. Wichtig ist uns auch die Zukunft der rund 420 Arbeitsplätze der RUAG Ammotec in Thun, welche für die Region von grosser Bedeutung sind. Inwiefern diese auch unter einer neuen Trägerschaft weiterhin gesichert sind, ist fraglich. Leider musste man bei ähnlichen Geschäften in der Vergangenheit immer wieder negative Erfahrungen machen. Trotz Intervention der Personalverbände bei den Ständeräten anfangs Juni 2021 haben diese am 9. Juni 2021 anders entschieden und die Motion Salzmann abgelehnt, was wir sehr bedauern. ■ Bild: Nationalrat und Ständerat sind sich beim geplanten Verkauf der RUAG Ammotec nicht einig. (Bild VBS, André Scheidegger)

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