Selbstverantwortlich entscheiden – und zwar endgültig!
Chefadjutant Ulrich Friedli wurde zum Nachfolger von Oberstleutnant i Gst Pascal Muggensturm als Kommandant Stellvertreter der BUSA ernannt. Der Berner, verheiratet und Vater von zwei Kindern, hat mit uns über die vergangenen ersten 100 Tage in dieser Funktion, welche zum ersten Mal durch einen Berufsunteroffizier ausgeführt wird, gesprochen.
Brice Käslin
Social Media & Marketing
Übersetzung Thomas Sutter
Brice Käslin: Ueli, die Mehrheit unserer Kameraden kennt dich bestens, die jüngeren Kameraden jedoch nicht zwingend. Kannst du dich kurz vorstellen?
Ulrich Friedli: Ich bin 52 Jahre alt. Ich übe den Beruf des Berufsunteroffiziers nun schon seit 30 Jahren aus und fühle immer noch die gleiche Innbrunst für den Beruf in mir wie zu Beginn. Ich bin seit 25 Jahren Mitglied beim VdI. Ich hatte das Glück, dass ich im Laufe meiner Karriere fast alle Funktionen ausüben konnte, die ein Berufsunteroffizier innehaben kann. Dies vom technischen Unteroffizier zum Klassenlehrer der Unteroffiziersschule, vom Fachausbilder an der Offiziersschule bis zum Klassenlehrer an der Berufsunteroffiziersschule der Armee (BUSA). Weiter führte mich der Weg über die Funktion des Führungsgehilfen Kommandant auf den Stufen RS, LVb und Heer um schlussendlich als Kommandant Stellvertreter an die BUSA kommandiert zu werden. Ich interessierte mich immer und in jeder Funktion für das ganze Spektrum der Aufgaben unserer Armee. Dies kommt mir jetzt in meiner neuen Funktion entgegen.
Ich habe verschiedene Hobbys, die ich sehr gerne betreibe. Dasjenige, welches mir besonders am Herzen liegt, ist das Spielen der Tuba, ein Musikinstrument, welches ich in einer Brass Band seit mehreren Jahrzehnten spiele. Nicht zuletzt interessiere ich mich aber auch für die Politik. Ich bin zwar nicht aktiv in der Politik tätig, aber die Diskussionen und die Argumentationen beschäftigen mich und ich verfolge diese regelmässig.
Es ist 100 Tage her, seit du die Funktion des Kommandanten Stellvertreter der BUSA übernommen hast. Welches sind deine Hauptaufgaben und was hast du in deinem alltäglichen beruflichen Umfeld verändert?
Meine Aufgaben kann man folgendermassen zusammenfassen:
- Ich bin Kommandant Stellvertreter BUSA, infolgedessen muss ich bei Abwesenheit des Kommandanten in seinem Sinne die Entscheidungen fällen.
- Ich bin Kommandant Support, folglich habe ich die Funktion des Einheitskommandanten für alle Milizsoldaten, die bei der BUSA ihren Dienst leisten. Das bedeutet ungefähr 150 Angehörige der Armee in den Funktionen Betrieb, Informatik, Sprachen oder Sport.
- Ich bin Chef Taktikausbildung.
Im Vergleich zu den bisherigen Funktionen brauche ich zusätzliche Sachkenntnisse. Namentlich im Bereich des Militärstrafrechtes und den Pflichten der Funktion eines Stabchefs. Ferner konnte ich in meinen vergangenen Funktionen fast ausschliesslich nur Vorschläge mittels Präsentationen in mehreren Varianten meinen Vorgesetzten vorlegen, jetzt aber muss ich über die Vorschläge, welche meine Untergebenen mir präsentieren, entscheiden.
Was mir aussergewöhnlich gefällt, ist die Grundlage der militärischen Führung sowie das Erschaffen von Strukturen, um die Kompetenzen eines jeden Einzelnen sinnvoll und angemessen innerhalb der definierten Ausbildungsziele zu nutzen. Auch die BUSA ist Militär und wird Militär bleiben.
Welches waren die Herausforderungen, welche du zu Beginn deiner Funktionsübernahme angetroffen hast?
Die Vorbereitung darauf. Ich habe schon seit mehreren Jahren keinen Milizdienst mehr absolviert. Meine Kenntnisse waren nicht mehr auf dem neuesten Stand. Die Führungsprozesse, der Einsatzablauf, alles hat sich verändert. Ich musste alles von Grund auf wieder erlernen. Ich hatte ausserordentliches Glück, dass meine vorgesetzten Organisationseinheiten mir erlaubten, alle meine Wissenslücken innerhalb von sechs Monaten aufzufüllen, indem sie mir ermöglichten, folgende Weiterbildungen zu absolvieren:
- TLG 2 Inf;
- FLG II Bat Kdt/Kdt Stv;
- Kurs über das Militärstrafrecht.
Dank meiner frisch erworbenen Kenntnisse und meiner Erfahrung konnte ich mich, ohne zurück zu schauen, seit dem ersten Tag auf das Tagesgeschehen der verschiedenen Themen konzentrieren. Ich muss dazu klarstellen, dass die Höhere Kaderausbildung der Armee (HKA) und die Berufsunteroffizierschule der Armee (BUSA) alles Mögliche unternommen haben, mich «Fit for the mission» zu machen. Ohne diese Unterstützung weiss ich nicht, ob mein Start so reibungslos verlaufen wäre. Ich muss auch noch erwähnen, dass ich von meinen Kameraden, die die gleiche Funktion bekleiden, sehr gut akzeptiert werde, wohlgemerkt, trotz der verschiedenen Dienstgrade.
Du bist an der BUSA für die Taktikausbildung verantwortlich? Warum ist deiner Meinung nach dieser Unterricht für die Berufsunteroffiziere wichtig?
Der Berufsunteroffizier übt eine militärische Kaderfunktion aus. In seiner Funktion wird er nicht nur Methodik und Didaktik einsetzen, er wird auch militärische Führungsprozesse anwenden, er wird Entscheide treffen, welche systematisch hergeleitet wurden, wie es der militärische Führungsprozess vorsieht. Er muss Gefechtstechniken anwenden sowie die Grundlagen der Taktik verstehen und anwenden können. Zusätzlich muss ein Berufsunteroffizier, unabhängig von der Waffengattung, fähig sein, die Arbeit eines Zugführers zu beurteilen. Deshalb ist es gleichermassen wichtig, dass er die Aufgaben einer Kompanie oder eines Zuges kennt. Die Berufsunteroffiziere sind militärische Kader und nicht nur technische Spezialisten, worin auch die Dauer ihrer Ausbildung begründet liegt.
Anlässlich der letzten Hauptversammlung des VdI wurde die Erweiterung des Beitritts zum Verband angenommen. Wie siehst du die Zukunft des VdI in den nächsten zehn Jahren? Welches werden die grossen Herausforderungen sein?
Berufsmilitärs als besondere Personenkategorie zu erhalten und gegen den politischen Druck zu verteidigen, der in den vergangenen Jahren verhängnisvoll für die Ausübung des Berufes war. Es ist selbstredend wichtig, dass der VdI ein anerkannter Teil der Sozialpartner ist. Einerseits muss der VdI seine Arbeit der hartnäckigen Unterstützung fortsetzen und sein Einsatz muss der Beibehaltung des Statuts gelten. Andererseits sollten die Jungen mehr Interesse an der Arbeit des Vorstandes zeigen. Sie müssen erkennen, was der Verband für uns macht und was es bedeutet, Mitglied des Verbandes zu sein. Die Vorteile der Kollektivversicherung sind insbesondere nicht die einzige Aktivität des VdI. Meiner Meinung nach, und das ist wichtig für das Überleben des Verbandes, muss man sich auf die Zukunft konzentrieren und sich dafür einsetzen, die Zukunft unserer jungen Mitglieder zu sichern.
Was möchtest du zum Schluss noch unseren jungen Kameraden, die sich am Anfang ihrer Karriere befinden, mit auf den Weg geben?
Es gibt immer und überall negative Erscheinungen, in jedem Beruf und in jeder Firma. Die jungen Kameraden sollten sich nicht nur auf die zukünftigen Veränderungen konzentrieren. Es ist ganz normal, dass es Veränderungen gibt, ich habe sie selbst erlebt, und in den vergangenen 30 Jahren nicht wenige. Es gab darunter auch Veränderungen zum Positiven, aber wir haben die Angewohnheit, die positiven Dinge zu vergessen und diejenigen in den Vordergrund zu rücken, welche uns nicht gefielen. Hört auf euch zu beklagen und seid aktiv und engagiert euch. Wenn euch etwas nicht gefällt, zerrt es ans Tageslicht, es sind nicht acht Personen, welche ein ganzes System weiterentwickeln können, aber «zusammen sind wir stärker».
Wir dürfen nicht vergessen, dass uns unser Beruf eine grosse Handlungsfreiheit gibt, um unser Pflichtenheft zu erfüllen. Unser Arbeitgeber gibt uns die Möglichkeit, unsere Karriere sehr stark zu entwickeln, sei es durch den Weg der Vergabe von neuen Funktionen oder von Weiterbildungen. Darin liegt der ganze Reiz unseres Berufs, in der Vielfalt. Nutzt die Handlungsfreiheiten, erreicht eure Ziele und seht das berühmte Glas als halbvoll und nicht als halbleer an, schlussendlich hat es in beiden Gläsern die gleiche Menge an Flüssigkeit.
Zu guter Letzt ist unser Beruf einfach nur genial, egal welche Funktion jemand gerade ausübt.
Ueli, ich bedanke mich bei dir für die Zeit, die du dir genommen hast, um all diese Fragen zu beantworten. Ich wünsche dir viel Freude, Spass und Erfolg in deiner Funktion. Danke und bis bald. ■ (Bild Brice Käslin)