«Ich habe die gegenseitige Unterstützung in Gesetzgebungsprojekten sehr geschätzt»
Nach über 14 Jahren übergab Stefan A. Dettwiler am 1. September 2022 sein Amt als Leiter der Militärversicherung seinem Nachfolger Martin Rüfenacht. swissPersona Zentralsekretär sprach mit Stefan Dettwiler.
Interview Beat Grossrieder
Zentralsekretär swissPersona
Beat Grossrieder: Lieber Stefan, was waren deine Beweggründe zu deinem Rücktritt?
Stefan A. Dettwiler: Nach 27 Jahren bei der Suva und mehr als 14 Jahre als Leiter der Militärversicherung habe ich mich entschieden, mit 60 Jahren die Suva per Ende September 2022 zu verlassen. Es ist wohl eine frühzeitige Pensionierung, ich bleibe jedoch in vielen Tätigkeiten und Projekten weiterhin aktiv. Der Zeitpunkt ist günstig, da die gesetzgeberischen Diskussionen um eine Einschränkung des Versichertenkreises bei der Militärversicherung erfolgreich beendet werden konnten und weitere Digitalisierungsprojekte anstehen, welche mehrere Jahre in Anspruch nehmen. Somit ist die Ausgangslage für einen Nachfolger sehr gut, welcher dies in Angriff nehmen kann. Mit Martin Rüfenacht konnte ein versierter Jurist und ausgewiesene Führungsperson gewonnen werden, welcher einen nahtlosen Übergang sicherstellen kann.
Welche Phasen in deiner Karriere zählst du zu den schönsten und welche zu den schwierigsten?
Bei meinen vielfältigen Tätigkeiten bei der Suva konnte ich interessante Menschen kennenlernen und einiges mit meinen Mitarbeitenden bewegen. Als junger Rechtsanwalt konnte ich auf der Rechtsabteilung mich in alle Thematiken der Unfallversicherung einarbeiten und auch den Personalverband der Suva vier Jahre führen. Der grosse Karriereschritt war sicherlich die Übernahme der Führung der Militärversicherung. Es ist natürlich einmalig, dass ein Bundesamt für Militärversicherung aufgelöst wird und die Tätigkeit von einer externen Organisation wie der Suva mit gegen 100 Mitarbeitenden geführt wird. Hier konnten wir die Synergien mit der Suva umsetzen und die Kundenzufriedenheit markant steigern. Insgesamt hatten wir die Kosten zur Zufriedenheit des Bundes immer im Griff. Schwieriger war es, mit der politischen Einflussnahme der Verwaltung bei Gesetzgebungsprojekten umzugehen. So war ich oft mit Unverständnis, versteckter Armeekritik und Neid auf die militärversicherten Personen, welche angeblich Privilegien genössen, konfrontiert. Insgesamt waren die 27 Jahre bei der Suva aber sehr spannend und ich möchte keinen Tag vermissen.
Was waren während deiner Amtszeit die grössten Herausforderungen?
Mit meinen Mitarbeitenden konnten wir innerhalb der Suva die Militärversicherung gut aufstellen und die Digitalisierung vorantreiben. So waren wir auch in der Pandemie bestens gerüstet und konnten auch im Homeoffice unsere Tätigkeit zur Zufriedenheit unserer Kunden weiterführen. Der Aufbau des Kunden- und Stakeholdermanagements war für mich eine sehr interessante Tätigkeit und die Etablierung der Kontakte zu den Verbänden, Versichertengruppen und deren Vertreter war sehr spannend. So schätzte ich die Einführung der jährlichen Treffen mit dem Chef der Armee. Die Gesetzesprojekte im Rahmen der Sparbemühungen des Bundes waren sehr herausfordernd. Hier musste jeweils viel Aufklärungsarbeit über die Militärversicherung und ein grosser Einsatz geleistet werden. Summa summarum hat es sich gelohnt: Die Militärversicherung steht als eine der besten Sozialversicherungen da.
Die Militärversicherung sollte nach dem Willen einiger Politiker und Bundesräte für das Berufspersonal abgeschafft werden. Auch nur das Ausscheiden der Pensionierten war ein Thema. Glücklicherweise kam es anders. Was waren die Hauptgründe, dass das Boot gewendet werden konnte?
Das Berufsmilitär trägt ja das gleiche Unfall- und Krankheitsrisiko wie die Miliz. Da macht es keinen Sinn, hier das Berufsmilitär anders als die Miliz zu behandeln und bei der Militärversicherung auszuschliessen. Auch bei den Pensionierten ist die heutige Situation die administrativ einfachste. Andernfalls wären wir mit endlosen Diskussionen bezüglich Deckung von Rückfällen und Spätfolgen konfrontiert gewesen. Dies ist auch der Grund, weshalb die Pensionierten ab 1998 die Möglichkeit der Weiterversicherung bei der Militärversicherung gegen Bezahlung von Prämien haben. Ausschlaggebend waren jedoch nicht zuletzt finanzielle Gründe: Wir konnten nachweisen, dass die heutige Lösung die günstigste für alle Beteiligten – auch den Bund und die Kantone – ist. Im Weiteren hat sich swissPersona stark für die heutige Lösung eingesetzt und der Bundesrat hat hier den Personalverbänden Gehör geschenkt.
Welche Auswirkungen hätte die Abschaffung der Militärversicherung für das Berufspersonal, für die Angestellten der Militärversicherung aber auch für die Versicherten gehabt?
Für das Berufsmilitär wären die Kosten gestiegen. Sie hätten bei einer Krankenversicherung Franchisen, Selbstbehalte und höhere Prämien bezahlen müssen. Die Militärversicherung hätte wohl weniger Volumen beim Berufsmilitär, jedoch grösseren Aufwand durch Konflikte bei der Abgrenzung von Rückfällen und Spätfolgen bei den Pensionierten gehabt. Insgesamt wäre das Volumen der Militärversicherung reduziert worden und allfälligen Diskussionen über eine Abschaffung der Militärversicherung wäre Vorschub geleistet worden.
Siehst du weitere Risiken, die in den nächsten Jahren auf die Versicherten der Militärversicherung zukommen könnten?
Der Spardruck im Bund wird sicherlich weiterhin die Gesetzgebung bestimmen und die Vorteile der Militärversicherung für alle Beteiligten müssen wohl immer neu dargelegt werden.
Inwiefern unterscheidet sich die Militärversicherung zu anderen privaten Versicherungen?
Die Militärversicherung ist keine private Versicherung, sondern eine der Sozialversicherungen der Schweiz. Sie ist insofern einzigartig, als sie Krankheit und Unfall im obligatorischen Bereich versichert. Die bisweilen komplexe Differenzierung zwischen Unfall und Krankheit fällt weg und die Leistungen sind umfassend. Somit kann sie aus einer Hand effizient und kostengünstig die Risiken von Krankheit und Unfall abdecken. Eigentlich wäre dies ein Vorbild für die Schweizerische Sozialversicherungslandschaft.
Wie hast du die Zusammenarbeit mit swissPersona und dem Verband der Instruktoren erlebt?
Die Zusammenarbeit mit swissPersona und dem Verband der Instruktoren habe ich sehr positiv erlebt. Speziell die persönlichen Kontakte und Offenheit habe ich sehr geschätzt. Wir konnten eine äusserst gute Zusammenarbeit pflegen und ich habe mich auf jede Einladung zu den Anlässen gefreut. Für uns sind das Berufsmilitär und die Pensionierten Schlüsselgruppen und der direkte Draht zu den Verbänden und Versicherten war mir immer sehr wichtig. Ich habe die gegenseitige Unterstützung in Gesetzgebungsprojekten sehr geschätzt.
Wie geht es nun auf deinem Lebensweg weiter?
Ich freue mich auf die weiteren Herausforderungen und bin dankbar für jeden Tag, wo ich gesund bleibe. Politisch bin ich weiterhin als Gemeinderat in Eich tätig und nehme neu im Wahlkampf als Kantonsratskandidat Luzern teil (Wahlen im April 2023 im Bezirk Sursee). Beruflich führe ich meine selbstständige Anwaltstätigkeit weiter. Eine grosse Leidenschaft ist die Musik und ich hoffe, weiterhin als Organist und Pianist tätig sein zu können. Allenfalls werde ich noch ein Studium oder Diplom als Organist anstreben. Insgesamt freue mich, mehr Zeit für Freunde und die Familie zu haben.
Lieber Stefan, wir bedanken uns für die sehr wichtige, freundschaftliche und kooperative, die wir mit dir erleben durften und wünschen dir alles Gute und viel Glück auf deinem neuen Lebensweg. ■ (Bild: Stefan A. Dettwiler)