Alle brennenden Punkte wurden angesprochen
Aufgrund der wichtigen in Bearbeitung stehenden Geschäfte des VBS beantragte swissPersona im Mai 2019 ein Gespräch mit Bundesrätin Viola Amherd, Vorsteherin des Eidgenössischen Departements für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS). Dieses fand am 3. September 2019 mit der Departementschefin, ihrer persönlichen Beraterin Brigitte Hauser-Süess, dem Chef Ressourcen VBS Marc Siegenthaler und dem Personalchef VBS Jürg Stauffer statt. Seitens swissPersona nahmen Zentralpräsident Markus Meyer, Zentralsekretär Beat Grossrieder und VdI-Präsident Etienne Bernard teil.
Beat Grossrieder
Zentralsekretär swissPersona
Wir nutzten die Gelegenheit unseren Verband vorzustellen und die nachfolgenden Kerngeschäfte anzusprechen.
Sozialpartnerschaft
Haltung swissPersona: Wir unterstrichen die konstruktive Zusammenarbeit mit dem GS VBS und dem V, welche als sehr gut bezeichnet werden darf. Wir dankten für den Einsatz des Arbeitgebers im Rahmen der «WEA» beim Personalab- und -umbau, bei welchen Kündigungen dank eines erfreulichen Engagements aller Seiten weitestgehend vermieden werden konnten.
Wir erklärten, dass uns die Anliegen unserer Mitglieder sehr wichtig sind und die Erarbeitung von gemeinsamen Lösungen an erster Priorität steht. Ebenfalls, dass die Zufriedenheit der Mitarbeitenden für den Arbeitgeber als auch für uns ein zentrales Schwergewicht darstellen müsse.
Dabei erwähnten wir auch, dass die Sozialpartner in den Beurteilungsprozessen von Geschäften zwar mit Informationen und den Ämterkonsultationen einbezogen werden, man aber den Anliegen und Resultaten von Arbeitsgruppen (mit grossen Zeit- und Personalaufwendungen) und den Sozialpartnern – als Vertreter der betroffenen Arbeitnehmenden – leider nicht immer die zu erwartende Beachtung schenke .
Die VBS-Departementschefin unterstrich, dass auch für sie eine gute und offene Zusammenarbeit mit den Sozialpartnern sehr wichtig sei. Sie nahm unser Votum betreffend vermehrter Berücksichtigung der Argumente und Resultate aus Arbeitsgruppen und den Sozialpartnern bei Entscheiden auf. Auch sie bestätigte, dass die Arbeitszufriedenheit für beide Seiten ein zentrales Anliegen sein müsse.
Besondere Pensionierungsregelungen
Haltung swissPersona: Der Entscheid des Bundesrates entsprach nicht in allen Bereichen unseren Vorstellungen. Wir hätten uns einen Status-Quo auf eine bestimmte Zeit gewünscht. Dies, damit man vor einem erneuten Wechsel die erforderliche Zeit zur Bearbeitung eines neuen Berufsbildes erhalten hätte. Auch wäre damit vermieden worden, dass das momentane System noch während der laufenden Übergangsfrist angepasst wird.
Wir anerkennen das Entgegenkommen des Bundesrates mit den gewährten Massnahmen in Form von Abgeltungen und Ferientagen. Wir machten aber auch klar darauf aufmerksam, dass die wirklich geleistete Mehrarbeit mit diesen Massnahmen nicht vollumfänglich abgedeckt wird und dass ein wesentlicher Teil der Unstimmigkeiten bereits auf die vorhergehenden Reformen zurückzuführen ist.
Was uns weiterhin beunruhigt, ist die Reduktion der Beiträge in die Altersvorsorge und die Beschäftigung von 60- bis 65-Jährigen an der Front.
Bundesrätin Viola Amherd nahm unsere Bedenken auf und zeigte für diese auch Verständnis. Sie beteuerte, dass diese Punkte über das in der Bearbeitung stehende Berufsbild angegangen werden sollen.
Reduktion der Altersguthaben im neuen System
Haltung swissPersona: Mit der neuen Regelung sind die Leistungen des Arbeitgebers in die Altersvorsorge als Abgeltung für die Mehrarbeit wesentlich geringer. Dies wirkt sich besonders bei den Berufsunteroffizieren aus, da diese aufgrund ihrer Gehälter mit wesentlich geringeren Einzahlungen des Arbeitgebers und ohne Leistungen über den Kaderplan vor einem Problem bei einer einst gewünschten Pensionierung ab 62 stehen könnten. Eine Ungleichstellung der beiden Korps bei der Frage eines frühzeitigen Altersrücktrittes muss vermieden werden.
Die Departementschefin bestätigte, dass die beiden Korps nicht auseinanderdividiert werden dürfen, da ja schlussendlich alle im selben Boot sitzen und eine enge Zusammenarbeit unabdingbar sei. Auch dieser Punkt wurde aufgenommen und soll geprüft werden.
Berufsbild «Militärisches Personal»
Bundesrätin Viola Amherd hat sich auch schon geäussert, dass sie ein verändertes Berufsbild beim militärischen Personal anstrebe. Wir wollten von ihr wissen, was sie darunter verstehe?
Die Departementschefin bekannte sich zu einem modernen, familienfreundlichen Berufsbild mit moderateren Abkommandierungen und Arbeitszeiten. Gedanken über Berufsbilder mit Teilzeitarbeit, eventuell verschiedenen Arbeitszeitmodellen, Jobsharing und weitere sollen bei der Bearbeitung und Beurteilung des neuen Berufsbildes miteinbezogen werden. Sie will sich auch ein Bild über den aktuellen Stand der Arbeiten in der Bearbeitung des Berufsbildes verschaffen. Sie begrüsst ausdrücklich, dass wir als Sozialpartner und somit als Arbeitnehmervertreter in der Arbeitsgruppe vertreten sind.
Haltung swissPersona: Die Arbeitsbedingungen des Berufsmilitärs (BM) werden in einer separaten Verordnung für das militärische Personal geregelt (V Mil Pers, «Statut»). Diese sieht vor, dass sich die Arbeitszeit der BM nach dem «dienstlichen Bedarf richtet». Eine Arbeitszeiterfassung gibt es nicht. Zudem sind die BM jederzeit im In- und Ausland versetzbar. Als Kompensation gelten besondere Pensionierungsregelungen (VPABP), welche nun ja auch verändert wurden. In diesem Umfeld droht langfristig die Rekrutierung von neuen, geeigneten BM schwierig zu werden. Insbesondere die heutigen Arbeitszeiten sind so nicht mehr zeitgemäss. Der Beruf muss auch für Mitarbeitende mit Familie attraktiver werden. Es braucht geregeltere Arbeitszeiten, Möglichkeiten für Teilzeit und weiteres. In diesem Kontext müsse auch der Dienstbetrieb in Rekrutenschulen in der heutigen Form hinterfragt werden. Braucht es durchgehend einen 24-Stunden-Betrieb oder wären andere Modelle auch denkbar? Auch Anpassungen an den Ausbildungsmodellen müssen geprüft werden.
Wir sehen ein beträchtliches Potential an zu überprüfenden Fakten und Möglichkeiten. Die Frage scheint uns aber immer wieder zu sein, ob die Bereitschaft für wesentliche Veränderungen wirklich vorhanden ist? Grundliegende Veränderungen würden auch entsprechende Ausarbeitungszeiten erfordern. Wir sehen hier Horizonte wie zum Beispiel 2025 bis 2030.
Natürlich gilt es zu bedenken, dass der Ausbildungsbetrieb bei einer Milizarmee nicht in allen Belangen mit der Industrie verglichen werden kann, man muss aber endlich den Mut beweisen, sich den Herausforderungen einer zunehmend veränderten Gesellschaft anzupassen.
Militärversicherung
Haltung swissPersona: Die Militärversicherung deckt Krankheit und Unfall aller Wehrpflichtigen sowie der Berufsmilitärs – obligatorisch für die Aktiven, freiwillig für die Pensionierten – ab. Die Lösung aus einer Hand ist effizient, da es keine Diskussionen gibt, welche Versicherung welche Kosten zu decken hat (zum Beispiel Krankheit oder Unfall). Prämienvergünstigungen und grosse Teile der stationären Spitalkosten werden durch die Versicherten solidarisch selbst bezahlt. Im Rahmen der strukturellen Reformen des Bundesrates (August 2018) ist das Eidgenössische Departement des Innern (EDI) nun daran, auf Anfang 2020 eine Vernehmlassungsvorlage zu erarbeiten, die darlegt, wie auf die Krankenversicherung beim Berufsmilitär verzichtet werden könnte. Die neue Lösung dürfte weniger effizient und vor allem für die Kantone wesentlich teurer werden. Am 29. April 2019 fand ein Treffen zwischen GS EDI, BAG, GS VBS und den Verbänden statt, um über die Thematik zu sprechen.
Wir setzen uns gegen eine weitere Verschlechterung der Anstellungsbedingungen beim Berufsmilitär ein, da wir insbesondere der Überzeugung sind, dass die neue Lösung weder Einsparungen noch Effizienzgewinne bringt. Wir sind uns aber bewusst, dass wir gerade bei diesem Thema bei den anderen Departementen auf Granit beissen.
Die Bundesrätin bestätigte uns, dass auch für sie die geplanten Anpassungen aufgrund des momentanen Wissenstandes unverständlich seien. Der Chef Ressourcen teilte uns mit, dass das GS VBS Verhandlungen mit dem EDI betreffend Militärversicherung führe, bei denen man das Beste für die Betroffenen herauszuholen versuche.
RUAG Ammotec
Der Bundesrat hat sich im März 2019 zum zweiten Mal zur RUAG geäussert. Geplant ist ab 2020 eine Umwandlung des Rüstungskonzerns in eine Holding, darunter bleibt MRO Schweiz (ehemals RUAG Defence und RUAG Aviation, rund 2’500 Mitarbeitende) als Materialkompetenzzentrum der Armee ein Bundesbetrieb. RUAG International (rund 6’500 Mitarbeitende, zwei Drittel im Ausland, Kerngebiet Aerospace, rund 1’500 Arbeitsplätze in der Schweiz, ehemals RUAG Space und RUAG Aerostructures) sollen privatisiert werden. RUAG Ammotec, der Munitionsfabrikant mit rund 300 Arbeitsplätzen in Thun soll abgestossen werden. Der Bundesrat will die 1’500 Arbeitsplätze von Aerospace in der Schweiz halten. Zudem soll der Käufer von Ammotec den Standort Thun ebenfalls beibehalten. Die Fragen sind, wie lange eine solche Zusicherung halten würde und was danach geschieht? In der Region ist die Angst um die Arbeitsplätze gross.
Wir bevorzugen klar eine Lösung für Ammotec als ein Rüstungsbetrieb des Bundes. Zumindest setzen wir uns aber für den Erhalt der Arbeitsplätze und der Arbeitsbedingungen ein. Unsere Befürchtungen und Bestrebungen wurden mit Verständnis aufgenommen. Auch das VBS-Departement wünscht sich, dass ein Stellenabbau und eine Verschlechterung der Arbeitsbedingungen vermieden werden.
Wir werden die Reorganisation weiterhin mit grossem Interesse verfolgen.
Lohnmassnahmen
Zum Abschluss des sehr interessanten und konstruktiven Gespräches erwähnte unser Zentralpräsident Markus Meyer die immer wieder zäh verlaufenden Lohnverhandlungen, dies trotz jährlich wiederkehrenden, sehr hohen Budgetüberschüssen beim Bundeshaushalt. Er bekundete unser Unverständnis, dass bei allen den damit verbundenen Begehrlichkeiten das Personal mit einer schon längst überfälligen Reallohnerhöhung beim Bundesrat immer wieder zu kurz kommt. ■ (Bild VBS)